Die Schriftformen: Textura, Gotisch, Sütterlin…

Bis zum 17. Jahrhundert wird das Schreiben nur von einer Minderheit der Bevölkerung beherrscht. Geistliche, Schreiber, Händler und Einzelpersonen erlernen die Schreibkunst und verändern die Art und Weise, die Buchstaben zu bilden. In den Archiven von Straßburg beginnt diese Geschichte im 11. Jahrhundert.

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Détail eines Schwörbriefs von Straßburg

Entstehung und Entwicklung der gotischen Schrift.

Nach dem Jahr 1000 entwickelt sich die aus der Zeit Karls des Großen stammende abgerundete Schrift,  die Karolingische Minuskel zu kantigeren Buchstaben. Das ist die Geburt der gotischen Minuskel oder gebrochenen Schrift, die sich vom Norden Frankreichs aus nach Flandern und England verbreitet, um dann im 12. Jahrhundert im germanischen Raum aufzutauchen.

Es war in diesem Moment, dass eine Form entsteht, die Gotische Textura genannt wird und die ein Jahrhundert später die vorherrschende Schrift in ganz Westeuropa wird. Gleichzeitig existieren noch andere Formen der gotischen Minuskel: die Rotunda in Südeuropa und die Bastarda in Nordfrankreich.

Parallel dazu entwickelt sich für den täglichen Gebrauch (Buchhaltung, Handel ...) eine Kursivschrift, gotische Kursive, schneller zu schreiben und weniger kantig. Zu dieser Zeit gibt es nur die Handschrift, da der Druck erst im 15. Jahrhundert erfunden wird.


Besichtigen und lernen

Im 15. Jahrhundert werden die ersten Drucker weitgehend durch die gotische Textura inspiriert, um die Schriftzeichen festzulegen.So wurde die berühmte Gutenberg-Bibel gedruckt. Dennoch, ab dem Ende des Jahrhunderts ist es humanistische Schrift, runder und mit mehr Abstand, entstanden in den italienischen humanistischen Kreisen, die sich im Druck in ganz Westeuropa durchsetzt.

Nur der germanische Raum druckt weiter in gotischer Schrift. Die Textura lässt Zeichen entstehen wie Schwabacher und dann die Fraktur im 16. Jahrhundert.Diese letzte Schriftform, die  Fraktur, wird überwiegend in den deutschen Druckereien und damit in Straßburg, bis Anfang zum Beginn des 20. Jahrhunderts genutzt. Die Fraktur unterscheidet sich durch das Vorhandensein von zwei Formen des s, das lange s und das runde s und durch die große Ähnlichkeit zwischen mehreren unterschiedlichen Zeichen, insbesondere zwischen dem f und dem langen s, nur unterschieden durch einen leichten horizontalen Strich.


Die Handschrift

Die Handschrift wiederum unterscheidet sich auch allmählich zwischen dem romanischen und dem germanischen Gebiet. In letzterem führt die gotische Kursiv zu einer Reihe von geneigten Kursivschriften, der Kurrentschrift. Diese Schrift wird in den Schulen gelehrt und die Mehrheit der Bevölkerung ab dem achtzehnten Jahrhundert beherrscht sie. Sie wird erst im 19. Jahrhundert unveränderlich.

Nach dem Ersten Weltkrieg wird die Kurrentschrift in der Schule durch eine gerade, klarere Schrift ersetzt, die Sütterlinschrift,abgeleitet vom Namen ihres Entwicklers, Ludwig Sütterlin. Nachdem Straßburg im Jahr 1919 wieder französisch geworden war, ist die Schrift in den Beständen der Archive von Straßburg kaum vertreten.


Der Streit Antiqua - Fraktur

Diese Unterscheidung zwischen den sogenannten lateinischen Schriften oder Antiqua und Fraktur führt ab dem 16. Jahrhundert in Deutschland und vor allem in Straßburg zu einem Phänomen der Doppelschrift oder Zweischriftigkeit.Dies bedeutet, dass die beiden Schriftsysteme nebeneinander bestehen, die eine, die Fraktur, dient zum Schreiben und Drucken von Deutsch, und die andere, die Antiqua für andere Sprachen, vor allem die romanischen Sprachen (Latein und Französisch hauptsächlich).

Durch Vereinbarung innerhalb eines deutschen Textes in Fraktur, werden die Worte aus dem Französisch oder Latein in Antiqua geschrieben,Sie wird auch dazu verwendet, um die Eigennamen zu schreiben. Die lateinische Schrift wird parallel zu der Kurrentschrift  in den Schulen gelehrt.

Diese Zweischriftigkeit führt um 1900 zu hitzigen Debatten zwischen der Pro-Fraktur und der Pro-Antiqua Fraktion. Letztere argumentieren für eine Abkehr von der Fraktur, um die Lesbarkeit und die Übereinstimmung mit anderen Sprachen. Die Antiqua gewinnt Boden in der Weimarer Republik, aber die Fraktur wird in den Schulen und den amtlichen Aufzeichnungen erst 1941 aufgegeben. Die Fraktur bleibt bestehen, manchmal vereinfacht, auf Schildern oder in Werbeanzeigen bis zu diesem Tag im deutschsprachigen Raum.


Die Einheitlichkeit des Drucks und die Multiplikation der einzelnen Einträge

Von der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts an verändern sich die Drucksachen nicht weiter, egal ob in Französisch oder Deutsch, in Bezug auf die Schriftarten. Diese entwickeln sich mit der Mode, den Organisationen und individuellen Gewohnheiten, vor allem im Zusammenhang mit der Computerisierung der Verwaltung der Stadt und der Stadtgemeinschaft. Dennoch ist seit etwa zwanzig Jahren eine gewisse Standardisierung der Verfahren innerhalb der Institutionen zu beobachten in Bezug auf die Entwicklung von Corporate Designs.

Die Handschrift wird stark individualisiert, die Schulregeln scheinen weniger befolgt zu werden, während das Selbstzeugnis immer mehr den Alltag erreicht. Die Lektüre stellt dann keine Schwierigkeiten mehr dar im Zusammenhang mit einer besonderen Form der Schrift, aber manchmal muss man das "Gekritzel" unserer Zeitgenossen überwinden.